Stellungnahme „Notbetreuung für psychisch kranke Kinder und Kinder psychisch kranker Eltern“

Notbetreuung für psychisch kranke Kinder und Kinder psychisch kranker Eltern

Eine PDF-Version der vollständigen Stellungnahme inkl. der Ansprechpartner finden Sie hier.

Stellungnahme zur Notwendigkeit der Notbetreuung von psychisch kranken Kindern und Kindern von psychisch kranken Eltern in Kindertagesstätten und Schulen während der Coronakrise

Mit großer Sorge beobachtet die Deutsche Gesellschaft für Psychologie die Auswirkungen der Coronakrise auf die Situation von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen und auf Kinder von psychisch kranken Eltern. Durch die bundesweiten Ausgangsbeschränkungen und die flächendeckenden Schließungen von Kindertagesstätten und Schulen sind viele Familien in einer schwierigen Lage. Daten aus anderen Ländern zeigen einen deutlichen Anstieg von Konflikten und Misshandlung in Familien als Folgen der Ausgangsbeschränkungen. Die aktuelle Lage erlaubt keine Einschätzung, wann Kitas und Schulen wieder geöffnet werden sollen.

Wir fordern daher mit großer Dringlichkeit die Landesregierungen auf:

  1. Die Notbetreuung in Kitas und Schulen für Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen und von psychisch kranken Eltern bei individuellem Bedarf zu öffnen.
  2. Die Notbetreuung aufgrund der fachlichen Einschätzung eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologischen Psychotherapeuten oder eines Facharztes zu ermöglichen.

Diese Maßnahme würde die prekäre Situation von betroffenen Kindern, Jugendlichen und Familien deutlich entschärfen und auch die negativen Folgen auf die psychische und körperliche Gesundheit der Betroffenen abmildern.

Insbesondere die Situation von Kindern und Jugendlichen, die selber an psychischen Erkrankungen leiden, oder mit psychisch kranken Eltern in einem Haushalt leben, hat sich durch Ausgangsbeschränkungen und die fehlende Außerhausbetreuung dramatisch verschärft:

  • Der Zugang zu ambulanter psychotherapeutischer Behandlung ist für Kinder, Jugendliche und Familien stark erschwert durch Ausgangsbeschränkungen und Infektionsängste bei Patienten und Behandlern.
  • Eine steigende Zahl an stationären Behandlungseinrichtungen wie Kinder- und Jugendpsychiatrien und therapeutische Wohngruppen schließen und Patienten werden ohne therapeutische Versorgung in teilweise hochbelastete Familien entlassen.
  • Für viele Patienten mit psychischen Erkrankungen sind der Verlust an Tagesstruktur, sozialen Kontakten und dem gewohnten sozialen Umfeld eine große Belastung, welche eine starke Verschlechterung der psychischen Erkrankungen zur Folge haben wird.
  • Insbesondere in Familien, in denen ein oder mehrere Familienmitglied(er) psychisch erkrankt ist/sind, steigt die Gefahr von familiären Konflikten, dysfunktionaler Erziehung und Misshandlungen stark an.

 Die Öffnung der Notbetreuung in Kitas und Schulen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche und für Kinder psychisch kranker Eltern ist dringend notwendig. Die aktuellen Regelungen zur Notbetreuung der einzelnen Bundesländer sind nicht ausreichend, da in der Regel nur eine Notbetreuung bei akuter Kindeswohlgefährdung durch Veranlassung der Jugendämter möglich ist. Dies stellt eine hohe Hürde dar und geht am Bedarf von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen und Kindern von psychisch kranken Eltern in den meisten Fällen vorbei.

Kontakt bei Rückfragen:

Prof. Dr. Silvia Schneider

Sprecherin der Fachgruppe Klinische Psychologie der DGPs

E-Mail: silvia.schneider(at)rub.de

Prof. Dr. Silvia Schneider

Prof. Dr. Julian Schmitz

E-Mail: julian.schmitz(at)uni-leipzig.de

Prof. Dr. Martina Zemp

E-Mail: martina.zemp(at)univie.ac.at

Sprecher und Sprecherin der Interessengruppe Klinische Kinder- und Jugendpsychologie und Psychotherapie der Fachgruppe Klinische Psychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)